Das Buch der Offenbarung:
Geschichte und Prophetie

Das Buch der Offenbarung: Geschichte und Prophetie © UCG/VKG
Die sieben Städte in Offenbarung 2-3 bildeten eine Poststrecke, die sich von Ephesus bis nach Laodizea erstreckte. Johannes empfing Visionen während seines Exils auf der Insel Patmos.

Viele sehen die Offenbarung als geheimnisvolles Buch voller seltsamer Symbole und Bilder. Es hat aber einen klaren und bestimmten historischen Hintergrund.

Von Mario Seiglie

In unserer längeren Serie „Die Bibel und Archäologie“ haben wir die Bibel von 1. Mose bis zu den Apostelbriefen behandelt und uns dabei mit den überraschenden archäologischen Funden, die den biblischen Bericht bestätigen und erhellen, eingehend befaßt. Mit diesem Artikel schließen wir diese Serie mit einem Blick auf archäologische und historische Belege zum letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, ab.

Viele sehen das Buch der Offenbarung, manchmal auch Apokalypse genannt, als ein geheimnisvolles Buch voller seltsamer Symbole. Es hat aber einen klaren und bestimmten historischen Hintergrund. Der Apostel Johannes, der sie unter der Inspiration durch Jesus niederschrieb (Offenbarung 1,1), erwähnt, wo sie geschrieben wurde und daß sie sich an sieben Gemeinden in Kleinasien richtet.

Wie läßt sich die Beschreibung dieser Orte mit Entdeckungen aus der Geschichte und der Archäologie vergleichen?

Ins Exil nach Patmos

Wir erfahren von Johannes, daß er die Offenbarung von der Insel Patmos (Vers 9) aus niederschrieb, die sich in der Ägäis etwa 65 km vor der Küste Kleinasiens (der heutigen Türkei) befindet. Patmos ist eine kleine Insel von nur 62 km² mit einem hufeisenförmigen Küstenverlauf.

War es im Römischen Reich üblich, Gefangene auf eine Insel zu verbannen? Der römische Historiker Tacitus (56-120 n. Chr.) erwähnt in seinem Buch Annalen den Brauch, politische Gefangene auf kleine Inseln zu verbannen (Abschnitt 3,68; 4,30; 15,71).

Patmos, eine felsige, vulkanische und nur dünn besiedelte Insel, eignete sich sehr gut für die Entsendung von Gefangenen. Die Verbannung war eine schreckliche Strafe, die oft mit Auspeitschungen der gefesselten Gefangenen vor dem Abtransport verbunden war. In der Verbannung mußten sie jahrelang Schwerstarbeiten in Steinbrüchen verrichten. In seinem fortgeschrittenen Alter war das für Johannes sicherlich eine schreckliche Strapaze. Er jedoch bezeichnet es als eine Ehre, an „der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus“ teilhaben zu können (Vers 9).

Während der Zeit von Johannes’ Exil, traditionsgemäß 94-96 n. Chr., verzeichnet die Geschichte gewalttätige Christenverfolgungen unter der Herrschaft des römischen Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.). Dieser Despot erklärte sich zum Gott und forderte Anbetung von seinen Untertanen, mit Ausnahme der Juden. Das bedeutete, daß jedes Familienoberhaupt einmal im Jahr vor den Behörden zu erscheinen hatte, um Weihrauch für den Kaiser anzuzünden und öffentlich zu erklären: „Der Kaiser ist der Herr.“ Diejenigen, die sich weigerten, wurden als Verräter gebrandmarkt und entweder zum Tode verurteilt oder in die Verbannung geschickt.

Da die Christen nur den Herrn Jesus Christus anerkannten, wurden sie gnadenlos verfolgt. Johannes, der letzte noch lebende Apostel von den Zwölfen, wurde anscheinend aus diesem Grund verbannt.

Eine Botschaft an die sieben Gemeinden

Während seines Aufenthaltes auf Patmos erhielt Johannes eine lange und komplexe Vision von Jesus mit der Anweisung: „Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea“ (Vers 11). Wie zutreffend sind laut Archäologie und Geschichtsforschung die Beschreibungen dieser in der Offenbarung erwähnten sieben Städte?

Interessanterweise nutzte Jesus einige der Charakteristiken jeder dieser Städte, um deren Gemeinde geistlich zu beurteilen und die Geschichte seiner Kirche bis zu seiner Wiederkehr prophetisch darzulegen.

Die erste Gemeinde: Ephesus

Die Hafenstadt Ephesus war nur eine kurze Strecke von Patmos entfernt. Deshalb hätte man leicht einen Brief dorthin schicken können, der dann an die übrigen von Christus erwähnten Städte weitergeleitet werden konnte. Archäologen haben die Überreste der römischen Straßen ausgegraben, die von Ephesus bis nach Laodizea führten. „Es ist kein Zufall“, bemerkt John McRay, „daß die Briefe in Offenbarung 2-3 in dieser Reihenfolge angeordnet sind. Mit Ephesus als Anfang verliefen Straßen in einem geographischen Halbkreis, zuerst nach Norden, dann nach Osten und weiter südwärts nach Laodizea – und verbanden so die Städte in einer Weise, die dem Verlauf einer antiken Poststrecke entsprach“ (Archaeology and the New Testament, 1997, Seite 242).

Der Apostel Paulus hatte in Ephesus eine große Gemeinde gegründet. Nun wandte sich Jesus an die dortigen Christen mit einer prophetischen Botschaft, die auf sie zutraf und gleichzeitig eine Vorhersage über die Zukunft der Kirche enthielt. Jesus sagte Johannes: „Schreibe, was du gesehen hast und was ist [zur gegenwärtigen Zeit] und was geschehen soll danach [in der Zukunft]“ (Vers 19, alle Hervorhebungen durch uns). Ein Teil der Botschaft der Offenbarung galt also der Zeit des Johannes, ein weiterer Teil war hingegen für zukünftige Generationen bestimmt.

Christus erkannte das Bemühen der Gläubigen in Ephesus an, trotz vieler Hindernisse am Glauben festzuhalten. „Ich kenne deine Werke und deine Mühsal und deine Geduld“, sagte Jesus, „und weiß, daß du die Bösen nicht ertragen kannst“ (Offenbarung 2,2).

In Ephesus gab es viel Übel, das es zu vermeiden galt – innerhalb und außerhalb der Gemeinde. Paulus hatte bereits die dortigen Ältesten der Gemeinde gewarnt: „Denn das weiß ich, daß nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden. Auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen“ (Apostelgeschichte 20,29-30).

Zudem mußten die Gläubigen in Ephesus den vielen Versuchungen standhalten, die ihnen die sehr beliebte Götzenanbetung im heidnischen Tempel bot. Archäologen haben in Ephesus die Ruinen eines der sieben Weltwunder der Antike entdeckt, den Tempel der Diana (Artemis), der auch in der Bibel erwähnt wird. Tausende von Priestern und Priesterinnen dienten im Tempel; viele der Priesterinnen widmeten sich auch der kultischen Prostitution.

Jahrhunderte zuvor beschrieb Heraklit, ein ephesischer Philosoph, die Einwohner als „nur des Ertränkens würdig, und der Grund, warum [sie] nie lachen oder lächeln konnten, war, daß [sie] inmitten einer solch schrecklichen Unreinheit lebten“. Dies war der Ruf des antiken Ephesus. Es wäre für einen Christen schwierig gewesen, inmitten einer solchen sittenlosen Stadt zu leben.

Dies wissend, gibt Christus den Ephesern Hoffnung darauf, daß sie, wenn sie in ihrem Glauben standhaft bleiben, etwas erhalten werden, was ihnen all die Tempelanbetung der Diana niemals geben konnte – das Geschenk des ewigen Lebens. „Wer überwindet“, verspricht er, „dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens [symbolisch für das ewige Leben], der im Paradies Gottes ist“ (Offenbarung 2,7).

Smyrna: Zentrum der Kaiseranbetung

Die nächste Stadt auf der alten Poststrecke war Smyrna, etwa 65 Kilometer nördlich von Ephesus. Es war eine blühende Stadt und das führende Zentrum der Kaiseranbetung. Jesus teilt der Gemeinde von Smyrna mit: „Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage“ (Offenbarung 2,10).

Diese Worte hatten nicht nur eine prophetische Bedeutung, sondern auch eine Erfüllung in den Tagen des Johannes. Die Gläubigen in Smyrna wußten, daß sie unter Domitian eine Zielscheibe für Verfolgung darstellten, denn die Stadt hatte in ihrer Geschichte eine unerschütterliche Loyalität zu Rom gezeigt. Die Einwohner waren stolz darauf, daß Smyrna zur „freien Stadt“ erklärt worden war, was bedeutete, daß ihre Bewohner das Recht zur Selbstverwaltung hatten.

„Lange bevor Rom die unbestrittene Herrin der Welt war“, merkt William Barclay an, „hatte Smyrna sich bereits mit ihr verbündet und hielt in fester Treue zu ihr. Cicero [ein römischer Redner] nannte Smyrna ,eine unserer treuesten und ältesten Verbündeten‘ ... So stark war die Verehrung Smyrnas für Rom, daß sie bereits im Jahre 195 v. Chr. als erste Stadt der Welt einen Tempel für die Göttin Roma errichtete“ (Letters to the Seven Churches, 1957, Seite 29).

Die einzige Möglichkeit, wie Christen sich an diesem Ort unbehelligt aufhalten konnten, bestand darin, daß sie ein Zertifikat mit sich trugen, das bestätigte, daß sie dem Kaiser Weihrauch geopfert und ihn zum Herrn erklärt hatten. Unter den antiken Papyrusbriefen, die Archäologen gefunden haben, befindet sich einer mit einer entsprechenden Bitte und ein weiterer mit einem begleitenden Zertifikat, in dem erklärt wird: „Wir, die Repräsentanten des Kaisers, Serenos und Hermas, haben dich Opfer darbringen sehen.“

Viele Christen in Smyrna fanden wegen der strengen Verfolgung den Tod. Christus ermutigte sie deshalb und erinnerte sie daran, daß er ihnen etwas anbot, was die Kaiseranbetung niemals bieten konnte – die Chance, ewig zu leben. Er ermahnte sie: „Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem zweiten Tode“ (Vers 11).

Pergamon: „Wo Satans Thron ist“

Als nächste Stadt auf der römischen Poststrecke kommt Pergamon, die römische Hauptstadt Kleinasiens. Diese Stadt sollte nie die wirtschaftliche Größe von Ephesus oder Smyrna erreichen, aber sie war das unbestreitbare Zentrum der religiösen, medizinischen und künstlerischen Kultur der Region. Die berühmte Bibliothek der Stadt mit über 200 000 Pergamentrollen fand höchstens in der Bibliothek von Alexandria in Ägypten ihresgleichen.

Christus sagt der Gemeinde von Pergamon: „Ich weiß, wo du wohnst: da, wo der Thron des Satans ist“ (Offenbarung 2,13). Erneut hatte diese Prophezeiung eine buchstäbliche Erfüllung und diente gleichzeitig als eine Beschreibung zukünftiger Zeiten für die Kirche.

Die Erwähnung von Satans Thron in Pergamon bezieht sich höchstwahrscheinlich auf die berühmte Anbetung seiner beliebtesten Gottheit, des Schlangengottes Asklepios Soter [Äskulap], dessen lateinisches Äquivalent „die die Menschen unterrichtende Schlange und Erlöser“ bedeutet. Der Schlangengott war kein anderer als Satan, den die Offenbarung als „die alte Schlange, die da heißt: Teufel und Satan“ beschreibt (Offenbarung 12,9). Pergamon war so sehr für die Anbetung dieses Gottes berühmt, der angeblich die Kranken heilte, daß diese Gottheit „der pergamonische Gott“ genannt wurde. Viele der in Pergamon entdeckten Münzen zeigen ein Abbild der Schlange.

Die Überreste des Schreines des Asklepios wurden von Archäologen ausgegraben. „Ein 140 m langes Teilstück des weitesten Abschnitts wurde ausgegraben und restauriert, so daß Besucher des Ortes einen wunderschönen Zugang zum Asklepeion erfahren können“, schreibt John McRay. „Dem Asklepios Soter gewidmet, dem Gott der Heilkunst, war das Asklepeion eine Art Mayo-Klinik der Antike ... Zahlreiche Behandlungsräume, Schlafräume (für Inkubation und Autosuggestion im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung), Besprechungsräume und Tempel befanden sich dort ... Patienten, die zum Schrein kamen, glaubten, daß Asklepios sie heilen würde. Es gab in der antiken Welt keine spürbare Diskrepanz zwischen Wissenschaft und Religion“ (McRay, Seite 271-272).

„Aus der ganzen Welt“, fügt William Barclay hinzu, „strömten die Menschen nach Pergamon, um Linderung für ihre Krankheiten zu finden. R. H. Charles hat Pergamon ,das Lourdes der antiken Welt‘ genannt ... So fand die heidnische Religion ihr Zentrum in Pergamon. Es gab die Anbetung von Athena und Zeus, mit ihrem großartigen Altar, der das Stadtbild dominierte [heute teilweise restauriert im Pergamonmuseum von Berlin zu finden]. Es gab die Anbetung des Asklepios, die kranke Menschen von nah und fern herbeieilen ließ, und über allem stand die Forderung nach der Kaiseranbetung, die wie ein giftiges Schwert über den Häuptern der Christen hing“ (The Daily Study Bible, Erläuterungen zu Offenbarung 2,12-17).

Der Ursprung der Schlangenanbetung in Pergamon

Wie fand die Schlangenanbetung in Pergamon ihren Anfang? Einige Historiker führen sie auf den Zusammenbruch des babylonischen Reiches zurück, als einige chaldäische Priester ihr religiöses Zentrum in Pergamon errichteten. „Die besiegten Chaldäer flohen nach Kleinasien und errichteten ihre zentrale Lehrstätte in Pergamon“, schreibt der Historiker William Barker in seinem Buch Lares and Penates of Cilicia (1853, Seite 232).

Das Alte Testament hat Satans aktiven Hauptsitz im antiken Babylon lokalisiert, wo die Lehren seiner Mysterienreligion „alle Welt trunken gemacht hat“ (Jeremia 51,7). Das würde seine religiöse Nachfolgerin, Pergamon, vorübergehend zum neuen „Thron Satans“ der babylonischen Mysterienreligion machen.

„Dieser Sitz“, kommentiert Alexander Hislop, „befand sich nach dem Tode Belsazars [des letzten babylonischen Königs] und der Vertreibung der chaldäischen Priesterschaft aus Babylon durch die medopersischen Könige in Pergamon, wo später eine der sieben Gemeinden Asiens war. Dort war infolgedessen jahrhundertelang der ,Thron Satans‘ (Offenbarung 2,13).

Dort war unter der Obhut der vergotteten Könige von Pergamon sein bevorzugter Aufenthaltsort, und dort wurde die Verehrung von Äskulap in Gestalt der Schlange ... gefeiert ... Pergamon selbst wurde ein Teil bzw. eine Parzelle des römischen Reiches, als der letzte König Attalus III. bei seinem Tode im Jahre 133 v. Chr. per Testament all seine Herrschaftsgebiete dem römischen Volk überließ“ (Von Babylon nach Rom, 1997, Seite 219-220).

Auf diesem Weg waren zur Zeit des Johannes die römischen Kaiser bereits zu Erben von „Satans Thron“ geworden. Später, als das Römische Reich zusammenbrach, erbte seine Nachfolgerin, das Heilige Römische Reich, diese Rolle. Es ist beachtenswert, daß Offenbarung 17, Verse 4-5 bzw. Vers 18 ein mächtiges religiöses System aus der antiken Vergangenheit enthüllt, das in der Endzeit wieder über die Nationen herrschen und als „ein Geheimnis: Das große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden“ zu identifizieren sein wird.

Kompromißbereitschaft in Thyatira

Etwa 65 km östlich von Pergamon lag Thyatira, eine Stadt, die wegen ihres Handels mit Wolle und Textilien Bedeutung erlangt hatte. Als die Stadt 1968-71 ausgegraben wurde, zeigten die architektonischen Überreste, daß Thyatira die typischen, im römischen Stil angefertigten Säulengänge und öffentlichen Gebäude hatte, sowie einen Tempel der Göttin Artemis. Die Stadt war besonders für ihre wollenen Feintextilien bekannt, die gewöhnlich in einer Farbschattierung gefärbt wurden, die den Namen thyatirischer Purpur erhielt. Aus Thyatira stammt auch Lydia, eine Purpurhändlerin, die zum Christentum bekehrt wurde (Apostelgeschichte 16,14). Inschriften der Stadt belegen die Existenz von Handelsgilden, von denen viele im Zusammenhang mit der mächtigen Textilindustrie standen.

Christus sagt über diese Gemeinde: „Ich kenne deine Werke und deine Liebe und deinen Glauben und deinen Dienst und deine Geduld und weiß, daß du je länger je mehr tust. Aber ich habe gegen dich, daß du Isebel duldest, diese Frau, die sagt, sie sei eine Prophetin, und lehrt und verführt meine Knechte, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen“ (Offenbarung 2,19-20).

Da Thyatira ein religiöses Zentrum war und der Sitz mächtiger Gilden, die von ihren Arbeitern eine religiöse Teilnahme an ihren Festgelagen forderten, fiel es Christen schwer, den Götzendienst zu vermeiden.

„Die mächtigen Handelsgilden in jener Stadt“, schreibt Leon Morris, „hätten es einem Christen sehr schwer gemacht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ohne Mitglied einer der Gilden zu sein. Mitgliedschaft erforderte aber die Teilnahmen an Festgelagen der Gilde, und das wiederum bedeutete Fleisch zu essen, das zuvor einem Götzen geweiht worden war. Was also sollte ein Christ tun? Wenn er sich nicht anpaßte, verlor er seine Arbeitsstelle ...

Die Lehren von Isebel [wahrscheinlich ein symbolischer Name] gingen anscheinend davon aus, daß ein Götze bedeutungslos war und Christen deshalb an solchen Mahlzeiten teilnehmen durften. Die Tatsache, daß solche Festgelage allzu leicht zu sexuellen Ausschweifungen führten, verschlimmerte die Situation noch. Wir können nachvollziehen, daß manche Christen eine Häresie mit einer solchen Lehre willkommen heißen würden. Diese ermöglichte es ihnen, sich als Christen zu bekennen, während sie gleichzeitig allem Anschein nach oder auch in der Tat an den sittenlosen heidnischen Ausschweifungen teilnahmen“ (Tyndale New Testament Commentaries, 1975, Seite 71).

Christus erinnert die Gläubigen in Thyatira daran, daß sie sich von dieser weltlichen Gesellschaft lösen müssen, ganz gleich wie verlockend sie auch erscheinen mag, und keine Kompromisse mit der Unmoral eingehen dürfen. Er verspricht treuen Christen in Thyatira, daß sie nicht in thyatirischem Purpur, ein Gewebe, das meistens von den römischen Königshäusern getragen wurde, sondern bei seinem Kommen mit dem geistlichen Mantel der Herrschaft über alle Nationen bekleidet werden würden: „Wer überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden, und er soll sie weiden mit eisernem Stabe“ (Offenbarung 2,26-27).

Sardes: Ermahnung zur Wachsamkeit

Mit seinem Sitz über dem reichen Hermostal befand sich Sardes etwa 50 km südlich von Thyatira. Die Stadt war im Prinzip ein gewaltiger Wachturm und galt als uneinnehmbar. Fünf Straßen liefen am Fuße der Stadt zusammen und trugen zu Sardes’ Stellung als großes Handelszentrum bei. Der Reichtum der Stadt, die unter dem opulenten König Krösus die Hauptstadt des lydischen Reiches gewesen war, war legendär.

Christus ermahnt diese Gemeinde: „Werde wach und stärke das andre, das sterben will, denn ich habe deine Werke nicht als vollkommen befunden vor meinem Gott“ (Offenbarung 3,2). Die Christen in Sardes konnten sich sehr gut mit einer Mahnung zur Wachsamkeit identifizieren. Die einzigen beiden Male, bei denen Sardes erobert worden war, waren die Folge einer zu großen Sorglosigkeit und mangelnder Aufmerksamkeit der Bewohner.

Als der König Cyrus von Persien die Stadt belagerte, schenkten die Sarder hoch oben in ihrer Bergfestung den Eindringlingen kaum Beachtung. Cyrus konnte keinen Weg ausfindig machen, über den er in die Bergfestung eindringen konnte. Er bot dem Soldaten eine Belohnung, der einen Pfad zur Festung entdecken würde. Einige Zeit später beobachtete ein aufmerksamer persischer Soldat einen der Verteidiger, der aus Versehen seinen Helm oben aus der Festung hatte fallen lassen. Der unvorsichtige Soldat kletterte einen geheimen Pfad ins Tal hinunter, um seinen Helm zurückzuholen. Noch in der gleichen Nacht führten die Perser ihre Truppen über den gleichen Pfad nach oben. Zu ihrer Überraschung war die Wachstelle unbemannt. Die Wächter waren zum Schlafen nach Hause gegangen, weil sie eine Nachtwache für überflüssig hielten – in der Folge fiel Sardes.

Unglaublicherweise wiederholten sich diese Abläufe einige Jahrhunderte später, als ein griechischer General die Stadt belagerte. Nach einem Jahr der Belagerung schienen die Griechen jegliche Hoffnung auf eine Einnahme der Stadt aufgegeben zu haben. Dann ließ ein sardischer Soldat seinen Helm fallen und holte ihn sich aus dem Tal. In derselben Nacht stiegen einige Männer unter den Griechen den steilen Abhang hinauf. Als sie oben ankamen, war der Ort erneut unbewacht. Die Einwohner von Sardes hatten ihre Lektion vergessen und die Stadt fiel erneut.

Christus nutzt diese Lektion zu einer kraftvollen geistlichen Ermahnung an seine Kirche: „Wenn du aber nicht wachen wirst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde“ (Offenbarung 3,3).

Treue in Philadelphia

Etwa 40 km südöstlich von Sardes liegt die Stadt Philadelphia, die jüngste der sieben Städte. Eine kaiserliche Straße führte von Rom über Philadelphia nach Osten, weshalb die Stadt als „das Tor zum Osten“ bekannt war.

Jesu Botschaft an diese Gemeinde lautet: „So spricht er, der heilig ist und Treue hält ... Ich komme bald! Haltet fest, was ihr habt, damit euch niemand den Siegeskranz streitig macht! Alle, die durchhalten und den Sieg erringen, werde ich zu einer Säule im Tempel meines Gottes machen, und sie werden immer darin bleiben“ (Offenbarung 3,7. 11-12; Gute Nachricht Bibel).

Jesus betont seine Treue zu seinen wahren Nachfolgern und ermahnt sie, ihm ebenfalls in gleicher Weise treu zu bleiben: Wenn sie an seinem Wort festhalten, wird er ihnen eine Krone geben, so daß sie mit ihm zusammen in seinem Reich herrschen werden.

Wir finden in diesem Abschnitt als herausragendes Thema die brüderliche Treue. Die Gläubigen in Philadelphia verstanden dieses Thema, denn Philadelphia bedeutet „brüderliche Liebe“ und war nach der Liebe benannt, die der König, der sie gründete, für seinen Bruder hegte. Die Stadt war von Attalus II. (159-138 v. Chr.) gegründet worden, der Philadelphus („der den Bruder Liebende“) genannt wurde – wegen seiner treuen Zuneigung zu seinem Bruder, König Eumenes II. von Pergamon.

Während der Lebenszeit seines Bruders war Attalus II. dessen treuester Gehilfe. Er kommandierte die Streitkräfte seines Bruders in mehreren Kriegen erfolgreich und wurde später zu seinem zuverlässigsten Botschafter bei dessen Verbündetem, Rom. Dort gewann er den Respekt und die Bewunderung der Römer für seine brüderliche Treue.

Das New Bible Dictionary kommentiert: „So wie Philadelphus für seine Treue zu seinem Bruder berühmt war, so ererbt und erfüllt die Kirche, das wahre Philadelphia, dessen Charakter durch ihre feste Treue zu Christus“ (1982, „Philadelphia“, Seite 926).

Laodizea: Mahnung zur Reue

Die letzte Stadt auf der Strecke war Laodizea, 70 km südöstlich von Philadelphia. Als Kreuzweg dreier Hauptstraßen war die Stadt eines der reichsten Handelszentren der antiken Welt. Die Laodizäer waren für die Produktion glänzender, schwarzer Wollbekleidung bekannt und rühmten sich eines herausragenden medizinischen Zentrums, das auf die Herstellung von Augensalben spezialisiert war. Durch ihren Reichtum wurde die Stadt auch zum Finanzzentrum der Region.

Jesus sagt der dortigen Gemeinde: „Ich kenne deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest! ... Du ... weißt nicht, daß du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, daß du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest“ (Offenbarung 3,15. 17-18).

Archäologen haben das Hauptaquädukt von Laodizea entdeckt. Das Wasser, das aus dem Süden hergeleitet wurde, war reichhaltig an Mineralien. Römische Ingenieure bauten oben Öffnungen ein, um die Mineralablagerungen zu entfernen, bevor sie die Leitungen verstopften. „Trotz all ihres Reichtums hatte die Stadt Wasser von minderer Qualität“, merkt der Expositor’s Bible Commentary an. „Das Wasser stammte entweder von nahegelegenen heißen Quellen und wurde auf eine lauwarme Temperatur heruntergekühlt oder es stammte aus einer kälteren Quelle und erwärmte sich auf dem Weg durch das Aquädukt“ (Erläuterungen zu Offenbarung 3).

Jesus benutzt das lauwarme und schlechtschmeckende Wasser der Laodizäer, um darauf hinzuweisen, daß ihr armseliger geistlicher Zustand gleichsam abstoßend für ihn war. Er warnt sie, daß er sie zurückweisen wird, wenn sie ihren geistlichen Zustand nicht umgehend verbessern. Als Gegenbeispiel beschreibt er später diejenigen, die ihm treu sind, als „die, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus“ (Offenbarung 14,12).

Auch wenn ihre Textilien weltberühmt waren, sagt Jesus den Laodizäern, daß sich ihre „geistlichen Kleider“ in einem erbärmlichen Zustand befinden. Er rät ihnen, ihre Aufmerksamkeit lieber darauf zu richten, von ihm die geistliche Kleidung echter Gerechtigkeit zu erwerben, die er später als schönes reines Leinen beschreibt: „Das Leinen aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen“ (Offenbarung 19,8).

Als nächstes warnte Jesus die laodizäischen Christen, die blind gegenüber ihrem wahren geistlichen Zustand waren, daß das „phrygische Pulver“, das in ihrem medizinischen Zentrum als Augensalbe gemixt wurde, letztendlich nutzlos war. Er riet ihnen, stattdessen seine wahre geistliche Augensalbe zu nutzen, so daß sie klar sehen und ihren Hang zu Kompromissen bereuen könnten.

Zuletzt ermahnt Christus sie noch, ihr Vertrauen nicht in ihren physischen Wohlstand zu setzen, sondern in ihn, der in ihnen das wahre Gold entwickeln kann, das aus der Überwindung in Prüfungen und der Entwicklung von gerechtem, geistlichem Charakter erwächst. Dieser solide Ratschlag ist von dauerhaftem Wert für die ganze Kirche zu allen Zeiten in ihrer Geschichte.

Schlußbemerkungen

Hiermit schließen wir unseren archäologischen Überblick über das letzte Buch der Bibel ab. Wir hoffen, daß diese Artikelreihe für Sie eine interessante Reise durch die Bibel darstellte und Ihren Glauben gestärkt hat.

Im Rahmen dieser Artikel wurde uns immer wieder das bestätigt, was der Apostel Paulus in 2. Timotheus 3, Verse 16-17 geschrieben hat: „Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.“ In unserer kostenlosen Broschüre Die Bibel – Wahrheit oder Legende? finden Sie weitere Beweise für die Glaubwürdigkeit der Bibel.

– GN März-April 2005 PDF-Datei dieser Ausgabe

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