Archäologie und Jesus:
Die ersten Jahre

Archäologie und Jesus: Die ersten Jahre © Scott Ashley
Für geschichtliche Aussagen des Neuen Testamentes, die früher von Skeptikern in Frage gestellt wurden, hat die Archäologie umfangreiches Beweismaterial entdeckt.

Geschichtliche Aussagen des Neuen Testamentes, die früher von Skeptikern in Frage gestellt wurden, wurden durch die Archäologie bestätigt. Für den verhältnismäßig kurzen Zeitraum, in dem Jesus und die Apostel lebten und wirkten, liefert uns die biblische Archäologie interessantes Beweismaterial.

Von Mario Seiglie

In der Zeitschrift Gute Nachrichten haben wir von vielen geschichtlichen und archäologischen Funden berichtet, die die Bibel des Alten Testamentes – eine Zeitspanne von ungefähr 4000 Jahren – bestätigen und erklären. Wir fahren nun mit den Abhandlungen über die neutestamentliche Zeit fort.

Wie viel wurde aus der neutestamentlichen Zeit von der Archäologie bestätigt? Gehören die vielen Namen, die im Neuen Testament erwähnt werden, zu Menschen, die wirklich lebten? Kann ihre Existenz von anderen glaubwürdigen, geschichtlichen Quellen außer der Bibel bestätigt werden?

Obwohl dieser Zeitraum sehr viel kürzer ist – weniger als ein Jahrhundert – hat die Archäologie uns viel über das Leben und die Welt des Jesus von Nazareth und seiner Apostel zu erzählen. Wenn man diese Zeit untersucht, mehren sich die Beweise, die den biblischen Bericht unterstützen. Lassen Sie uns die faszinierende archäologische Reise in die neutestamentliche Welt antreten.

Das Alte Testament endet passenderweise mit Gottes Versprechen, einen Boten zu senden, um den Weg für den Messias vorzubereiten. Die letzten zwei Kapitel von Maleachi, anscheinend das letzte prophetische Buch des Alten Testamentes, berichten von einer dramatischen Prophezeiung: „Siehe, ich will meinen Boten senden, der vor mir her den Weg bereiten soll. Und bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht; und der Engel des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt! spricht der Herr Zebaoth“ (Maleachi 3,1).

Es sollte deshalb keine Überraschung sein, dass das Neue Testament da anfängt, wo die Propheten des Alten Testamentes aufhören – mit der Ankunft des Boten, der von Maleachi vorausgesagt wurde. Dies zeigt eine Fortsetzung vom Alten ins Neue Testament, immer bedenkend, dass in der Zwischenzeit einige Hundert Jahre vergangen waren.

Am Anfang des Lukasevangeliums sagt ein Engel dem Priester Zacharias die Erfüllung der Prophezeiung in Maleachi voraus. Der Bote, der von Gott im Alten Testament prophezeit wurde, sollte sein Sohn Johannes [der Täufer] sein, der den Weg für Christus vorbereiten würde: „Aber der Engel sprach zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias, denn dein Gebet ist erhört, und deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Johannes geben . . . Und er wird . . . bekehren die Herzen der Väter zu den Kindern und die Ungehorsamen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem Herrn ein Volk, das wohl vorbereitet ist“ (Lukas 1,13. 17).

Somit wird die Bühne für das erste Kommen des Messias am Anfang des Lukasevangeliums bereitet.

Herodes, der mächtige König

Einer der ersten Menschen, die in der neutestamentlichen Schrift auftauchen, ist der König Herodes. Matthäus berichtet von der Herrschaft des Herodes des Großen: „Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem“ (Matthäus 2,1-3).

Existierte Herodes wirklich, und war er zu dieser Zeit König? Ja. Sowohl Geschichte wie Archäologie haben seine Existenz und Herrschaft über jeden Zweifel hinaus bestätigt. In der Geschichte ist er als Herodes der Große bekannt. Als Jesus Christus erschien, hatte dieser nichtisraelitische König unter den Römern die Provinz Judäa (ein großer Teil der ehemaligen Königreiche Israel und Juda) fast 40 Jahre lang regiert. Herodes war ein großartiger Bauherr und hinterließ seinen Namen auf vielen Monumenten. In der jüdischen wie römischen Geschichte war er eine berühmte Persönlichkeit.

John McRay, Archäologe und Professor für neutestamentliche Studien am Wheaton College, fasst die Herrschaft des Herodes wie folgt zusammen: „Archäologische Ausgrabungen haben eine überraschend große Zahl von Beweisen aufgedeckt, die mit Herodes dem Großen zusammenhängen . . . Herodes der Große war ein Idumäer, dem im Jahre 41 v. Chr. die vorübergehende Herrschaft über Galiläa durch Mark Antonius übertragen wurde . . . Im Jahre 30 v. Chr. bestätigte Octavianus (Cäsar Augustus) Herodes’ Herrschaft über Judäa, Samaria und Galiläa . . . Herodes blieb bis zu seinem Tod im Jahre 4 v. Chr. an der Macht; somit wurde Christus vor diesem Datum in Bethlehem geboren“ (Archaeology and the New Testament, 1997, Seite 91).

Einer der Gründe, warum Herodes der Große genannt wurde, sind seine vielen und herausragenden Bauprojekte. F. F. Bruce, ehemaliger Professor für biblische Kritik und Exegese an der Universität Manchester in England, sagt: „Selbst wenn Herodes nichts anderes getan hätte, wäre ihm doch sein Platz als großer Bauherr in der Geschichte sicher“ (New Testament History, 1972, Seite 20).

Ihm wird die Förderung verschiedener Bauprojekte in mindestens zwanzig Städten in Israel und in mehr als zehn weiteren Städten anderer Gegenden zugerechnet. In Athen wurden Inschriften gefunden, die Herodes gewidmet waren: „Das Volk [errichtet dieses Monument] dem König Herodes, Liebhaber der Römer, wegen seiner von ihm [gezeigten] Wohltaten und Güte.“ Eine andere Inschrift lautet: „Das Volk [errichtet dieses Monument] dem König Herodes, Verehrer und Liebhaber Cäsars, wegen seiner Tugend und Wohltat“ (ebenda, Seite 92).

Der jüdische Historiker Josephus bestätigte im ersten Jahrhundert die großen Bauprojekte des Herodes außerhalb Israels: „Als er diese großartigen Bauwerke vollendet hatte, bewies er auch einer Anzahl auswärtiger Städte seine fürstliche Freigebigkeit . . . Sind nicht Athen . . . und die mysische Stadt Pergamos voll von Weihgeschenken des Herodes?“ (Geschichte des Jüdischen Krieges, 1. Buch, 21. Kapitel, 11. Absatz).

Unter seinen bemerkenswertesten Bauleistungen innerhalb Israels werden sechs von ihnen allgemein zu den wichtigsten gezählt: 1. die Renovierung des Tempels und die Erweiterung der Tempelplattform in Jerusalem; 2. Herodium, seine Festung in der Nähe von Bethlehem, die in einen von Menschen geschaffenen Berg eingehüllt ist; 3. sein großartiger Palast von Jericho, der mit einem über 30 m langen Schwimmbecken ausgestattet war; 4. Masada, eine Bergfestung, wo er zwei Paläste baute (diese Stätte wurde später als der letzte Widerstand der Juden verewigt, als diese ihr Land gegen die Römer verteidigten); 5. Cäsarea; eine unter seiner Aufsicht erbaute Hafenstadt, die zum offiziellen Hauptquartier der Römer wurde; und 6. Samaria, die Hauptstadt des früheren Königreiches von Israel, welche er wieder aufbaute und zu Ehren des Kaisers in Sebaste (griech. sebastos = lat. augustus) umbenannte. Diese sechs Bauprojekte werden bis auf Herodium und Masada auch in der Heiligen Schrift erwähnt.

Bei den Untersuchungen der Überreste der großen Bauprojekte von Herodes fanden Archäologen und Architekten nur Lob für die Schönheit, Größe, Genialität und Durchführbarkeit seiner Projekte. Archäologen entdeckten z. B. am Fuße des Tempelberges in Jerusalem unter massiven Fundamentteilen einen Block, der 415 Tonnen wog.

Im Vergleich dazu wiegen die größten Blöcke der Cheopspyramide in Ägypten nur 15 Tonnen und die Megalithen von Stonehenge, England, nur bis zu 40 Tonnen.

Herodes, der grausame König

Herodes war nicht nur für seine großen Gebäude oder seine politischen und militärischen Fähigkeiten bekannt, sondern auch für seine große Grausamkeit. Die Bibel gibt uns in ihrem Bericht über seine Reaktion, als er von der Geburt Jesu hörte, einen Hinweis auf seine unglaubliche Respektlosigkeit gegenüber dem menschlichen Leben.

Über die Nachricht der Geburt eines „Königs der Juden“ war Herodes äußerst beunruhigt, stellte dies doch eine mögliche Bedrohung seiner Macht und seines Thrones dar (Matthäus 2,1-3). Als sein Plan fehlschlug, den neugeborenen Messias ausfindig zu machen (Verse 7-8, 12), schlug er wild um sich. „Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Kinder in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren [das ungefähre Alter von Jesus], nach der Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte“ (Vers 16).

Das Massaker von Bethlehem war für Herodes nicht ungewöhnlich. Der Vorsitzende der neutestamentlichen Interpretation an der „Southern Baptist Theological Seminary“, A. T. Robertson, beschreibt uns die Grausamkeit von Herodes, selbst gegenüber seiner eigenen Familie:

„Diejenigen, die die Geschichte von Herodes dem Großen in Josephus kennen, können die Bedeutung dieser Worte sehr gut verstehen. Aus Wut über die Rivalitäten und Eifersüchteleien seiner Familie tötete Herodes die zwei Söhne seiner Frau Mariamne, Aristobulus und Alexander, Mariamne selbst und Antipater, einen weiteren Sohn und einst sein Erbe, außerdem den Bruder von Mariamne und ihre Mutter Alexandra sowie ihren Großvater Johannes Hyrcanus.

Er verfasste ein Testament nach dem anderen und wurde über die drei Weisen sehr krank und zornig. Seine Erregung war für alle sichtbar und die ganze Stadt war entsetzt, weil die Menschen wussten, was er in seiner Wut über die Verhinderung seiner Pläne alles tun konnte“ (Word Pictures in the New Testament, 1997).

Die Beschreibungen des Herodes im Neuen Testament werden somit durch die Aussagen von Historikern und Archäologen bezüglich seiner Herrschaft, Bauprojekte und ungezügelter Wut gegenüber jedem, der seinen Thron gefährdete, bestätigt.

Cäsar Augustus’ Volkszählung

Lukas, der als exakter Historiker gilt, stellt in seinem Bericht über die Geburt Christi eine weitere berühmte Person vor. „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt“ (Lukas 2,1-3). Cäsar Augustus, bzw. Octavianus, war der Adoptivsohn von Julius Cäsar. Er beherrschte das Römische Reich über 57 Jahre lang (43 v. Chr. bis 14 n. Chr.) und schuf eine Zeit des Friedens und der Stabilität, die das Wachstum des Christentums förderte.

Den Archäologen gelangen große Fortschritte bei den Untersuchungen, wie und wann eine römische Volkszählung stattfand. Für die Jahre 20, 34, 48, 62 und 104 wurden Volkszählungsbeschlüsse auf Papyrus gefunden. Sie zeigen einen regelmäßigen Rhythmus von vierzehn Jahren, obwohl örtliche Zählungen öfter stattfinden konnten.

Eine Papyrusrolle im Britischen Museum beschreibt eine Volkszählung, die dem Lukasbericht ähnelt und 104 n. Chr. stattfand. Den Menschen wurde befohlen zu ihren Geburtsplätzen zurückzukehren:

„Gaius Vibius Mazimus, Präfekt von Ägypten: Da die Zeit für eine Haus-zu-Haus-Zählung gekommen ist, ist es notwendig, all diejenigen zur Rückkehr in ihre Häuser zu zwingen, die, aus welchen Gründen auch immer, außerhalb ihrer Provinzen wohnen, dass sie der Volkszählung in regulärer Ordnung beiwohnen und dadurch ihren Anteil dazu beitragen“ (Frederick G. Kenyon, Greek Papyri in the British Museum, 1907, Platte 30).

Über viele Jahre hinweg haben einige Gelehrte die Genauigkeit der Bibel angezweifelt, weil sie glaubten, Lukas hätte sich irrtümlicherweise auf einen anderen Quirinius bezogen, der ein Jahrzehnt nach der Geburt Christi herrschte. Der Forscher Randall Prince schreibt:

„Einige jüngere archäologische Beweise haben zu neuen Einsichten über Zeit und Ort der Geburt Jesu geführt. Das Lukasevangelium bezieht die Zeit der Geburt genau auf einen Volkszählungsbeschluss durch Quirinius, den Gouverneur von Syrien (Lukas 2,2). Obwohl Inschriften zeigen, dass es mehr als einen Herrscher mit diesem Namen gegeben hat, wurde ein Quirinius in der Zeit von Jesu Geburt auf einer Münze gefunden, die ihn als Prokonsul von Syrien und Cilicia von 11 v. Chr. bis 4 v. Chr. ausgibt“ (The Stones Cry Out, 1997, Seite 299).

Der biblische Bericht wird somit durch einen weiteren Beweis bestätigt.

Josefs Beruf in Nazareth

Nach dem Tod von Herodes brachten Josef und Maria Jesus zurück nach Israel und kehrten nach Nazareth in ihr Zuhause zurück. Josef war ein talentierter Handwerker, der nicht nur mit Holz, sondern auch als Steinmetz arbeitete.

„Das griechische Wort tekton, das in Markus Kapitel 6, Vers 3, mit ,Zimmermann‘ übersetzt wird, hat in seinem Wortstamm die Bedeutung von ,Kunsthandwerker‘, d. h. ein talentierter Handwerker, der mit hartem Material wie z. B. Holz, Stein, sogar Horn oder Elfenbein arbeitet . . . Zu Jesu Tagen waren Bauarbeiter noch nicht so hoch spezialisiert wie heute. So konnten sich z. B. die Aufgaben von Zimmermännern und Steinmetzen leicht überschneiden“ (Richard A. Batey, Jesus & the Forgotten City: New Light on Sepphoris and the Urban World of Jesus, 1991, Seite 76).

Jesus hatte dieses Handwerk von Josef gelernt und lebte die meiste Zeit seines Lebens in dem Gebiet von Nazareth. Obwohl Nazareth nur ein kleines Dorf mit nicht mehr als ein paar Hundert Einwohnern war, haben Josef und Jesus wahrscheinlich regelmäßige Arbeit in der ca. sechs Kilometer entfernten Stadt Sepphoris gefunden.

Ungefähr zur Zeit der Geburt Jesu wählte Herodes Antipas – Sohn von Herodes dem Großen und Herrscher über Galiläa, der später die Hinrichtung von Johannes dem Täufer anordnete – Sepphoris als seine Hauptstadt. „Während Jesus in dem nahegelegenen Nazareth aufwächst, wird über drei Jahrzehnte lang an einem riesigem Bauvorhaben gearbeitet. Sepphoris wächst zur größten und einflussreichsten Stadt der Region . . . Josef und Jesus kannten den Bau der neuen Hauptstadt und auch die Kunsthandwerker sowie andere dort beschäftigte Arbeiter“ (Batey, Seite 70).

Jüngere archäologische Ausgrabungen in Sepphoris zeigen, dass es zur Jugendzeit Jesu eine geschäftige, wohlhabende Stadt war. Diese geschichtliche Bestätigung hilft uns, den Hintergrund von Christi Lehren besser zu verstehen, welche nicht nur Beschreibungen aus der Landwirtschaft und Tierhaltung beinhalteten, sondern auch die Baustellen, Herrscher und Nobelleute, das Theater, die Regierung, die Finanzen und andere Aspekte des Stadtlebens beschrieb.

In dem nächsten Artikel dieser Reihe werden wir mit den wichtigen Hintergrundinformationen fortfahren, die uns helfen, das Leben und die Lehren von Jesus von Nazareth besser zu verstehen.

– Gute Nachrichten September-Oktober 2016 PDF-Datei dieser Ausgabe

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