Der Sünder, der Buße tut

Der Sünder, der Buße tut © James Chan/Pixabay
Wenn wir uns wie ein einsames Schaf verirren, ist Gott wie der gute Schäfer, der solange nach uns sucht, bis er uns findet.

In drei Gleichnissen zeigt uns Jesus die Freude Gottes über einen reumütigen Sünder. Wir sollen uns mit ihm darüber freuen!

Von Robin Webber

Einer der herausforderndsten Aspekte der Aufforderung Jesu „Folgt mir nach!“ zeigt sich in Lukas, Kapitel 15. Hier erzählt Jesus drei Gleichnisse, die sich ergänzen und die eine eindrucksvolle Lektion enthalten.

Jesu Absicht dabei ist, unseren Horizont für die Emotionen Gottes zu erweitern. Wir sollen uns nicht nur über unsere Kenntnis der frohen Botschaft, die Jesus gepredigt hat, freuen. Wir sollen uns auch über einen reumütigen Sünder freuen, genauso wie es bei unserem himmlischen Vater der Fall ist.

„Dieser nimmt die Sünder an“

Der Evangelist Lukas beschreibt die Szene. Eine bunte Mischung hatte sich um Jesus versammelt. „Allerlei Zöllner und Sünder“ waren darunter und machten anscheinend die Mehrheit der Gruppe aus (Lukas 15,1). Sie hatten so viele Kompromisse in ihrem Leben geschlossen, dass ihnen die Tür zur Gnade Gottes fest verschlossen zu sein schien. Nun predigte ihnen ein Mann, der in ihnen die Hoffnung auf die Erlösung von ihrer misslichen Lebenslage weckte. Sie wollten die Botschaft Jesu hören.

Freilich missfiel das den Pharisäern und Schriftgelehrten, die auch dabei waren, denn sie gehörten zu denen, die es stets besser zu wissen glaubten. Sie machten Jesus bei dieser Gelegenheit Vorwürfe wegen der Gesellschaft, die er sich leistete: „Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen“ (Vers 2).

Diesen eingebildeten Selbstgerechten ging es aber nicht vordergründig darum, die Sünder, die den Worten Jesu aufmerksam zuhörten, in ihre Schranken zu weisen. Nein, die Pharisäer und Schriftgelehrten wollten vielmehr Jesu Ruf schädigen. „Warum gibt er sich überhaupt mit ihnen ab“, lautete sinngemäß ihre Attacke auf die Integrität Jesu.

Das verlorene Schaf suchen

Jesu antwortete auf die Kritik mit einem Gleichnis über einen Schäfer: „Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet?“ (Vers 4).

Jesu Zuhörer identifizierten sich sofort mit seiner Erzählung, denn sie verstanden den Wert eines Schafes. Wenn am Ende des Tages alle Hirten außer einem vom Feld kommen, weiß jeder im Dorf, was passiert ist. Ein Schaf hat sich verirrt, und der noch nicht heimgekehrte Hirte bleibt solange draußen, bis er es gefunden hat.

Zum Schluss der Geschichte erscheint der Hirte mit dem verlorenen Schaf. Jesus betont die Reaktion des Hirten auf seine erfolgreiche Suche mehr als den Erfolg selbst: „Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war“ (Verse 5-6). Offensichtlich hätten sich seine Bekannten über die Nachricht gefreut.

Wozu dient das Gleichnis? Es spiegelt die Reaktion im Himmel über einen reumütigen Sünder wider: „So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen“ (Vers 7).

Der verlorene Groschen

An dem Gesichtsausdruck einiger erkennt Jesus, dass ein zweites Beispiel hilfreich wäre. Wiederum erzählt er ein Gleichnis, mit dessen Inhalt sich seine Zuhörer identifizieren können: „Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet?“ (Lukas 15,8). Zur Zeit Jesu hatte ein Silbergroschen den Wert eines Tageslohns, also nach unseren heutigen Verhältnissen mit etwa einhundert Euro vergleichbar.

Haben Sie eine Handtasche, ein Portemonnaie oder einen Ausweis verloren? Dann können Sie die Sorge der Frau in Jesu Gleichnis nachempfinden! Beim Wiederfinden ihres Geldes muss sie ihre Freude mit ihren Bekannten teilen: „Wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte“ (Vers 9).

Wieder gewährt uns Jesus damit Einblick in die himmlische Szene bei der Umkehr eines Sünders: „So, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut“ (Vers 10). Auch in diesem Fall kann derjenige, der selbst den Weg der Sünde verlassen hat, die Freude über einen reumütigen Sünder nachempfinden.

Der verlorene Sohn

Die anfängliche Anspannung unter den Zuhörern zwischen den Selbstgerechten und den von ihnen herabgewürdigten Sündern bewegt Jesus zu einem dritten Gleichnis. Darin geht es nicht mehr um ein Tier oder Geld, so wertvoll sie auch waren. Das verlorene Schaf hatte sich verirrt und konnte den Weg zurück nicht selbst finden. Der Groschen „verlor“ sich nicht selbst, sondern wurde verloren.

Darüber hinaus geht es auch nicht mehr um ein Zahlenverhältnis von eins zu hundert (wie beim verlorenen Schaf) oder eins zu zehn (wie beim Groschen), sondern um einen einzigen Menschen. Jesus erzählt die Geschichte eines Vaters und seines verschwenderischen Sohns. Der Sohn bittet um die vorzeitige Auszahlung seines Erbes (Lukas 15,11-12).

Das Problem dabei war nicht, dass er das Erbe vor dem Tod seines Vaters erhielt, sondern dass er das Erbe mit seiner ausschweifenden Lebensführung verprasste. Schließlich geht ihm das Geld aus, und das Land leidet unter einer Hungersnot (Verse 13-14). In seiner Not bietet er sich als Schweinehirte an, eine demütigende Arbeit für einen Juden. Er ist so hungrig, dass er die Futterreste essen möchte, die ihm aber niemand gibt (Verse 15-16).

„Da ging er in sich“

Nun war der Sohn ganz unten angekommen. Verse 17 und 18 beschreiben die Erfahrung aller, die den Entschluss fassen, die negativen Auswirkungen der menschlichen Natur zu überwinden: „Da ging er in sich und sprach . . . Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.“

In Vers 20 wird die bemerkenswerte Reaktion des Vaters beschrieben: „Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“ Der Vater hatte seinen Sohn nicht vergessen, sondern hoffte voller Erwartung auf seine Rückkehr, wie es der Schäfer mit dem verlorenen Schaf und die Frau mit ihrem Groschen getan hatten.

Welche Freude es dem Vater wohl bereitet hat, als ihm sein Sohn gestand: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße“ (Vers 21).

In vielen Fällen ist die menschliche Reue unvollständig, weil sie nur einer momentanen Situation gilt. Wir entschuldigen uns gegenüber denen, die wir gekränkt haben und deren Wohlwollen wir suchen bzw. brauchen. Doch diese Art Reue hält nicht an, weil sie nicht mit einem grundlegenden Sinneswandel verknüpft ist, bei dem wir uns auf der höchsten Instanz entschuldigen – gegenüber unserem himmlischen Vater. Fehlt dieser Sinneswandel, sind wir dazu verurteilt, auf der Tretmühle der menschlichen Enttäuschung zu bleiben.

Im Gleichnis Jesu ist der Vater von der Kehrtwendung seines Sohns überwältigt. Er nimmt ihn als vollwertiges Mitglied der Familie wieder auf. Wie bei der Freude über das Schaf und den Groschen freut sich der Vater riesig über die Rückkehr seines Sohns. Er veranstaltet ein Fest, „denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein“ (Vers 24).

Freuen sich alle mit? Nein! Der ältere Bruder ist aufgebracht und verweigert die Teilnahme an dem Fest. „Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen“ (Vers 38). Dieser Sohn fühlte sich ungerecht behandelt: „Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet“ (Verse 29-30).

Wie reagierte der Vater auf den Zorn seines älteren Sohns? „Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden“ (Verse 31-32).

Wichtige Erkenntnisse und eine motivierende Schlussfolgerung

In den drei Gleichnissen Jesu gibt es wichtige Erkenntnisse über Gott, die eine motivierende Schlussfolgerung für alle beinhalten, die Jesu Aufforderung „Folgt mir nach!“ nachkommen wollen. Erstens sehen wir einen himmlischen Vater, der sich eine Beziehung mit seinen Menschenkindern wünscht und an ihrem Leben teilhaben möchte. Er liebte die Welt so sehr, dass er seinen Sohn Jesus in die Welt sandte, damit wir das ewige Leben haben können (Johannes 3,16). In dieser Hinsicht unterscheidet er sich von allen „Göttern“, die sich die Menschen gemacht haben.

Nur seine Liebe schafft es, die Unliebsamen zu lieben, den Hilflosen zu helfen und den Hoffnungslosen Hoffnung zu geben. Seine Liebe bleibt auf der Suche nach seinen verlorenen Menschenkindern, nachdem andere schon längst aufgegeben und sie bereits verurteilt haben. Unser Gott ist willens, uns Reue zu schenken und damit die Versöhnung mit ihm zu ermöglichen: „Siehst du nicht, wie Gottes Freundlichkeit dich zur Umkehr bewegen will?“ (Römer 2,4; „Neues Leben“-Übersetzung). Wenn wir uns wie ein einsames Schaf verirren, ist er wie der gute Schäfer, der solange nach uns sucht, bis er uns findet.

Zweitens freut sich Gott über unsere Umkehr (Lukas 15,7. 10)! Die Aufforderung des Vaters an seinen älteren Sohn im Gleichnis über den verlorenen Sohn spiegelt Gottes Erwartung an uns wider. Das ist die Schlussfolgerung, die sich aus den drei Gleichnissen ergibt: Wir sollen uns über die Umkehr eines Sünders freuen und uns mit Jesu Auftrag identifizieren. „Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lukas 19,10; Einheitsübersetzung).

Es gilt, die Sichtweise der Pharisäer bzw. Schriftgelehrten und die Reaktion des älteren Bruders in Lukas 15 abzulehnen. Es ist nicht unsere Aufgabe zu entscheiden, wen Gott als zukünftige Angehörige seiner Familie berufen soll. Stattdessen besteht unsere Aufgabe darin, diejenigen als Glaubensbrüder und -schwestern zu akzeptieren, die Gott beruft.

Wir gehörten einmal selbst zu den Verlorenen, die Gott gefunden hat. Deshalb müsste es uns möglich sein, Freude über die Berufung derjenigen zu empfinden, die das erleben, was wir früher erleben durften. Genauso wie Jesus es an dem Tag tat, den Lukas in Kapitel 15 seines Evangeliums beschreibt, schaut er heute auf unser Herz. Er möchte wissen, was unsere innere Haltung gegenüber denen ist, die das Evangelium hören und darauf reagieren.

Wundern Sie sich etwa zurzeit, warum Gott eine bestimmte Person berufen hat? Wenn ja, vielleicht fällt es Ihnen schwer zu erkennen, wie Gott sie gebrauchen könnte. In einer Geschichte, die dem amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln zugeschrieben wird, finden Sie möglicherweise ein geeignetes Gegenmittel für diese problematische Geisteshaltung.

Anfang 1865 war das Ende des amerikanischen Bürgerkriegs absehbar, mit den Nordstaaten als Sieger. Ein Mitarbeiter des Präsidialamtes fragte Lincoln, wie der Norden mit dem besiegten Süden umgehen sollte. Lincoln antwortete: „Ich werde die Südstaaten so behandeln, als wären sie nicht aus der nationalen Union ausgetreten.“ Machen Sie sich seine Denkweise zu eigen.

Freuen Sie sich wie der Schäfer über das Schaf, die Frau über den Groschen und der Vater über seinen heimgekehrten Sohn. Kurzum: Freuen Sie sich wie Gott über den Sünder, der Buße tut.

– Gute Nachrichten Januar-Februar 2013 PDF-Datei dieser Ausgabe

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