Un-Vereinte Nationen: Warum gelingt uns der Frieden nicht?

Un-Vereinte Nationen: Warum gelingt uns der Frieden nicht? © United Nations
60 Jahre nach der Gründung der Vereinten Nationen ziehen wir Bilanz: Wie erfolglich kann die UN bei ihrer Zielsetzung sein, die Menschheit vor der Geißel des Kriegs zu bewahren?

Nach der Gründung der Vereinten Nationen fragte der britische Staatsmann Winston Churchill, ob sie „ein wahrer Tempel des Friedens“ oder „ein Cockpit in einem Turm zu Babel“ werden würden. 60 Jahre später fragen wir uns immer noch, ob die UN ihre ehrgeizigen Ziele erreichen kann.

Von Howard Davis

Stellen Sie sich einmal vor, alle Nationen auf Erden wären eine große, unglückliche Familie – was sie in Wirklichkeit sind. Stellen Sie sich vor, diese Familie hätte eine Familienorganisation – was sie hat. Stellen Sie sich vor, diese Familie würde behaupten, nach einer Charta von hochtrabenden Prinzipien zu handeln bzw. zu leben, die dem Frieden und dem menschlichen Fortschritt dienen sollen. Wiederum, sie tut es – und dann tut sie es doch nicht wirklich.

Sechzig Jahre einer globalen Familienorganisation

Als die größte Zusammenkunft von Weltführern der Geschichte im September 2005 stattfand, traf die Metapher der Familie auf die Vereinten Nationen tatsächlich zu.

Die Menschheit ist heute eine große, dynamische, aber leider auch beziehungsgestörte Familie von 6,3 Milliarden Menschen, eine Familie, die nur bei den Vereinten Nationen auf eine systematische und geordnete Weise zusammenkommt. Bei der UN wird über die wichtigsten Menschheitsfragen, die sowohl von tiefgreifender geistlicher als auch von unmittelbarer praktischer Bedeutung sind, gerungen und debattiert. Es werden Verlautbarungen erstellt und Handlungen von einer Größenordnung durchgeführt, die von keiner anderen internationalen Organisation erreicht wird.

Schon längst sind wirklich effektive Vereinte Nationen überfällig. Aber wer sollte diese leiten? Keine Nation bzw. Person bringt heute die geistlichen Qualifikationen an den Tag auf, die erforderlich wären, um uns alle als eine große glückliche Familie zu vereinen. Weder die Vereinigten Staaten von Amerika noch irgendeine andere Nation können in dieser Hinsicht die Rolle eines Heilsbringers übernehmen. Die Nationen der Welt würden dies auch gar nicht akzeptieren.

Bei der Besichtigung der Vereinten Nationen und den Interviews mit verschiedenen UN-Beamten für diesen Artikel war ich von der Größe und Bedeutung des Sitzes der Vereinten Nationen beeindruckt. Dies ist der eine offizielle Ort, an dem die gesamte menschliche Rasse versucht, eine bessere Welt zu schaffen – oder zumindest den Versuch unternimmt, unsere heutige Welt von einer Katastrophe abzuhalten.

Im Kern fehlerhaft?

Die Vorstellung, die der UN zugrunde liegt, ist die, daß die angeborene Güte des Menschen die Welt dominieren wird, wenn die größten Mächte in einer Sicherheitsvereinbarung zusammengeschweißt werden können und aus aufgeklärtem Eigeninteresse heraus den Frieden schaffen und erhalten.

Die tatsächliche Geschichte der Vereinten Nationen in den letzten sechzig Jahren hat aber bisher nicht beweisen können, daß die Menschheit „im Kern“ gut ist. Ein Angestellter der UN faßte das grundlegende Problem für mich folgendermaßen zusammen: „Es ist eine großartige Idee, aber Menschen sind fehlerhaft.“

In letzter Zeit sind einige schwerwiegende Mängel sogar zu einer Bedrohung für die Existenz der UN geworden. Der Ruf nach einer Reformierung der Weltorganisation wird immer lauter. Es wird sich erweisen, ob die geforderten Reformen realisiert werden können und, falls ja, ob sie ausreichend sein werden.

Ein Jahrzehnt voller Skandale

„Bei dem Skandal um das UN-Programm ‚Öl für Lebensmittel‘ für den Irak handelt es sich um die wahrscheinlich größte finanzielle Abzockerei in der Weltgeschichte“, sagte mir Jack Skruggs, ein ehemaliger Beamter des US-Außenministeriums. Er arbeitete früher für den amerikanischen Botschafter bei den Vereinten Nationen.

Der UN-Sicherheitsrat schuf das „Öl für Lebensmittel“-Programm 1995, um dem irakischen Volk humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Es litt zu dieser Zeit stark unter den Sanktionen, die nach der Niederlage Saddam Husseins im ersten Golfkrieg verhängt worden waren. Laut den Bedingungen des Programms konnte der Irak über die UN Rohöl auf dem freien Markt verkaufen. Die Einnahmen sollten dann direkt für Lebensmittel und andere humanitäre Hilfe für das irakische Volk aufgewendet werden, um sicherzustellen, daß Saddams Diktatur nicht davon profitieren konnte.

Wie sich heute zeigt, wurden dem irakischen Volk wahrscheinlich viele Milliarden Dollar gestohlen, als die Einnahmen aus dem Ölverkauf auf die privaten Bankkonten vieler Beamten und auch die Konten vieler Firmen eingezahlt wurden – einige Milliarden flossen sogar an Saddam selbst.

Andere UN-Fehler der jüngsten Zeit betreffen die unzähligen sexuellen Übergriffe, die von UN-Friedenstruppen in der Republik Kongo und in anderen Krisenherden der Welt verübt wurden, der verhätschelnde Umgang mit Schurkenstaaten, die ständige antiisraelische Rhetorik und die verschwenderischen Ausgaben für eine aufgeblähte Verwaltung. Kofi Annan hat umfassenden Reformen zur Behebung dieser Mängel zugestimmt und zugesagt, die Wirtschaftsprüfungen bezüglich des jährlichen UN-Budgets in Höhe von 3,2 Milliarden Dollar zu verschärfen und einen strengen ethischen Verhaltenskodex für UN-Mitarbeiter einzuführen.

Lohnt sich der Aufwand überhaupt?

Einige Kritiker behaupten, die UN sei lediglich eine Zeitverschwendung, der Aufwand und die Kosten hätten sich noch nie gelohnt. Während dies den Standpunkt einer bestimmten politischen Richtung darstellt, vertrat doch jeder US-Präsident seit dem Zweiten Weltkrieg in dieser Hinsicht eine andere Meinung. Sind die Vereinten Nationen eine echte Kraft für den menschlichen Fortschritt oder nur eine Illusion?

Die UN lebt nicht von Phantasterei, auch wenn sie manchmal so handelt, als täte sie es. Sie ist kein Ort der Realitätsflucht. Sie ist ein ernsthafter Ort, wo die Führer der Welt und die intelligenten und manchmal brillanten Mitarbeiter, auf die sie sich stützen, versuchen Lösungen zu finden, um endlose Millionen von verzweifelten armen Menschen zu retten oder Kriege zu verhindern. Sie versuchen, die weltweite Zusammenarbeit für bessere Gesundheit, wirtschaftliche Entwicklung und Frieden zu fördern.

UN-Einrichtungen und -Einsätze können überall auf der Welt angetroffen werden, auf jedem Kontinent und in jeder Zeitzone. Die UN repräsentiert uns alle, wenn wir in ihren Mitgliedsstaaten leben. Es gibt keinen wichtigeren Ort, an dem das menschliche Potential für Gut und Böse jeden Tag zum Ausdruck kommt, oder wo die Brillanz und die grundlegenden Probleme der menschlichen Natur tagein, tagaus in Erscheinung treten.

Wenn die UN versagt, dann werden die grundlegenden Mängel der menschlichen Natur die Ursache dafür sein.

Ein geopolitisches Opernhaus

Die Vereinten Nationen begannen auf der Bühne des Opernhauses von San Francisco, als 51 Länder nach einem dramatischen diplomatischen Ringen, das vom amerikanischen Außenministerium in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs koordiniert worden war, am 26. Juni 1945 die UN-Charta unterzeichneten. Geplant war, eine andere, sicherere Welt zu schaffen. Seltsamerweise erscheint die Welt heute unsicherer als noch vor einhundert Jahren.

Die Idee der Schaffung der UN entstand in den Köpfen von US-Präsident Franklin Roosevelt und den Mitarbeitern seines Außenministeriums, während sie sich in einem Weltkrieg befanden und dabei das Versagen des früheren Völkerbundes vor Augen hatten, das zu einem großen Teil auf eine fehlende amerikanische Beteiligung zurückzuführen war. Diesmal sollten die USA eine führende Rolle übernehmen. Das Motiv dahinter war die Absicht, eine Welt des universellen Friedens und menschlichen Fortschritts durch eine Reihe von internationalen Aktivitäten und den Strukturen einer universellen Organisation zu schaffen.

Diese weltweite Organisation sollte die Autorität haben, im Namen aller legitimen nationalen Regierungen zu handeln, und würde durch die Sicherheitszusagen der „Großmächte“, wie die führenden Nationen unter den Alliierten genannt wurden, garantiert werden. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 betonte Papst Pius XII. die Notwendigkeit, nach dem Krieg eine „stabile internationale Organisation“ ins Leben zu rufen. Präsident Roosevelt schrieb an den Papst, daß „die Zeit dafür sicherlich kommen wird“.

Es war Roosevelt selbst, der die Struktur der Vereinten Nationen entwerfen sollte. In seiner Rede zur Lage der Nation verkündete Präsident Roosevelt 1941 die Hoffnung auf eine Zukunft, die auf „vier entscheidenden Freiheiten“ – der Freiheit der Rede bzw. der Meinungsäußerung, Religionsfreiheit, Freiheit von Not und Freiheit von Furcht – basierte. Er sagte, diese wären nicht für „ein fernes Jahrtausend“ bestimmt, sondern wären „eine feste Grundlage für eine Welt, die schon in unserer Zeit und für unsere Generation verwirklicht werden kann“.

Roosevelt glaubte, daß eine sichere Welt des Friedens und Wohlstands möglich wäre, wenn es ihm gelänge, die richtige Art von internationaler Organisation, die auf diesen Prinzipien aufgebaut sein sollte, zu schaffen. Ein berühmter Verleger merkte an, daß Roosevelts Vorstellungen „den Beginn einer neuen Ära für die Welt“ und eine neue „Magna Carta der Demokratie“ darstellen würden.

Präsident Roosevelt verwendete den Begriff „Vereinte Nationen“ für die Alliierten des Zweiten Weltkriegs zum ersten Mal in einem Dokument mit dem Titel The Declaration by the United Nations [„Die Deklaration der Vereinten Nationen“]. Dieses wurde von ihm selbst, Winston Churchill und dem russischen und chinesischen Botschafter am 1. Januar 1942 in Washington unterzeichnet, wenige Wochen nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor. In dieser Zeit von hochfliegenden Zukunftsträumen wurden Millionen in einem globalen Krieg zwischen demokratischen und totalitären Kräften getötet.

Entstehung in moralischer Klarheit

Im Kampf gegen den Totalitarismus handelte die Regierung Roosevelts in Fragen über Leben und Tod mit – wie es später genannt wurde – „völliger moralischer Klarheit“. Diese Klarheit bildete den Rahmen für die Übereinstimmung zur zukünftigen Sicherheit der Weltgemeinschaft. Roosevelts Außenministerium entwickelte als integrale Eckpfeiler der zukünftigen Weltorganisation „Die Allgemeine Menschenrechtserklärung“ und die Ziele des globalen Friedens durch politische Freiheit, Abrüstung und wirtschaftlichen Fortschritt. Diese Prinzipien und Konzepte fanden sich dann später in der Charta der Vereinten Nationen wieder.

Während es zunehmend Gestalt annahm, wurde dieses Konzept der Vereinten Nationen an Joseph Stalin herangetragen, mit dem Angebot, die Sowjetunion als eine der Großmächte zu beteiligen.

Roosevelt war überzeugt, daß ein System von Allianzen mit gegenseitigen Kontrollen nicht mehr länger zur Verhinderung eines weltweiten Krieges ausreichte. Er glaubte, daß die Großmächte nach einem Sieg die Welt auf unbestimmte Zeit würden führen müssen. Darüber hinaus meinte er, daß kleinere Staaten friedfertig gehalten werden konnten, wenn die Großmächte ein weltweites Militär beherrschen würden, das bei seinen Entscheidungen von dem vorgeschlagenen Sicherheitsrat angeleitet werden würde.

Auf der letzten Konferenz der „Großen Drei“ im Februar 1945 auf Jalta hatte Stalin Roosevelts und Churchills Plan einer grundlegenden Konzeption für die Vereinten Nationen zugestimmt, solange die Großmächte als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates ein Veto-Recht gegen die Durchführung von geplanten Maßnahmen hätten.

Frankreich, das zwar nicht länger eine Weltmacht, aber ein Eckpfeiler des neuen Europas war, wurde ein ständiger Sitz im Sicherheitsrat angeboten. Ebenso China, das damals gerade mit einer kommunistischen Revolte zu kämpfen hatte, aus der letztendlich die heutige Volksrepublik China hervorging.

Die Vereinten Nationen waren der Grundstein in Roosevelts Vision einer zukünftigen Welt für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Charta der Vereinten Nationen

Bevor Sie nun mit der Analyse beginnen können, ob die Vision Wirklichkeit geworden ist, gilt es zu verstehen, was die UN nach eigenen Angaben ist und was sie tut. Die Präambel der Charta erläutert die Zielsetzung und die Philosophie der Organisation:

„WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN – FEST ENTSCHLOSSEN, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen, Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern,

UND FÜR DIESE ZWECKE Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben, unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, daß Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird, und internationale Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern –

HABEN BESCHLOSSEN, IN UNSEREM BEMÜHEN UM DIE ERREICHUNG DIESER ZIELE ZUSAMMENZUWIRKEN.

Dementsprechend haben unsere Regierungen durch ihre in der Stadt San Francisco versammelten Vertreter, deren Vollmachten vorgelegt und in guter und gehöriger Form befunden wurden, diese Charta der Vereinten Nationen angenommen und errichten hiermit eine internationale Organisation, die den Namen ‚Vereinte Nationen‘ führen soll.“

In der UN handeln alle Nationen in dem grundlegenden Einvernehmen: „Mitglied der Vereinten Nationen können alle sonstigen friedliebenden Staaten werden, welche die Verpflichtungen aus dieser Charta übernehmen.“ Die Organisation handelt nach folgenden Grundsätzen: Sie beruht auf der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder; alle Mitglieder erfüllen ihre Verpflichtungen gemäß der Charta nach Treu und Glauben; sie legen ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei, daß der Weltfriede, die internationale Sicherheit und Gerechtigkeit nicht gefährdet werden; sie unterlassen jede gegen einen anderen Staat gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt; sie leisten den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme, welche diese im Einklang mit der Charta ergreifen; aus der Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, nicht abgeleitet werden.

Friedenstempel oder Turm zu Babel?

Zwei Monate vor der Ratifizierung der UN-Charta starb ihr Hauptschöpfer Franklin Roosevelt am 12. April 1945 an einer Gehirnblutung. Roosevelt hat die Erfolge oder Mißerfolge seiner Vision der Vereinten Nationen nicht mehr erlebt.

Die Konferenz von San Francisco begann zwei Wochen später, an dem Tag, als sowjetische Truppen Berlin einkreisten, und die Konferenz dauerte an, während Deutschland aufgeteilt wurde. Ein Beobachter bemerkte, daß die Teilnehmer „sich des Drucks der Geschichte fast ständig bewußt waren“.

Die UN endete auf dieser Konferenz fast als Totgeburt. Der sowjetische Diktator Stalin konnte nicht einsehen, inwiefern die Verpflichtungen der Charta den Zwecken der Sowjetunion dienlich sein könnten. Seine Aufgabe sah er in der Durchsetzung der kommunistischen Ideologie der weltweiten Dominanz mit allen Mitteln, Gewaltanwendung eingeschlossen. Er hatte bereits damit begonnen, sich Osteuropa einzuverleiben. Ursprünglich sandte er nicht einmal seinen Außenminister zur Konferenz nach San Francisco.

Trotz aller hochtrabenden Ideale, die in der UN-Struktur schriftlichen Niederschlag fanden, traten die Schwächen der Vereinten Nationen fast sofort zutage. Während die UN die Beteiligung jeder Nation auf Erden zuließ, besaßen die Teilnehmer kein gemeinsames Regelwerk und keine gemeinsame geistliche Kultur, die von Demut und gegenseitigem Respekt geprägt war und ihnen dabei geholfen hätte, dauerhaften Frieden zu erreichen.

Seit der Zeit Lenins glaubten die Sowjets, daß ein Vertrag nur dann einen Nutzen hatte, wenn er kommunistische Ziele förderte. Die neue Weltorganisation bot der Sowjetunion neue Gelegenheiten dazu. Als Mitglied des mächtigen Sicherheitsrates konnte sie ihr Veto gegen jegliches Vorhaben einlegen, das die Ausbreitung des Kommunismus behindern würde.

Noch während die Gründungskonferenz andauerte, arbeiteten die USA an der Fertigstellung der Atombombe, die sie im August 1945 abwarfen, um den Krieg mit Japan schnell zu beenden. Der Einsatz der neuen Waffe in Hiroshima und Nagasaki schockierte die Weltgemeinschaft. Wie sollte man mit der furchtbaren Macht der Kernenergie umgehen?

Im Januar 1946 richtete die Generalversammlung die Atomenergie-Kommission ein. Amerika unterbreitete das Angebot, all seine Kerntechnologie an diese UN-Behörde zu übergeben, wonach kein anderer Staat Kernwaffen entwickeln sollte. Die UN wäre dann die einzige Macht im Besitz von Kernwaffen und könnte damit den Weltfrieden sichern. Die USA boten weiterhin an, Lizenzen für den friedlichen Einsatz dieser Technologie an Nationen in der ganzen Welt zu vergeben.

Die Sowjetunion lehnte dieses Angebot ab. So wurde die Welt fast von Anfang der UN an in verschiedene Lager aufgespalten. Die Welt stürzte sich in ein atomares Wettrüsten zwischen den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten auf der einen Seite und dem sowjetischen Block auf der anderen und beschwor damit die Bedrohung einer unvorstellbaren Massenvernichtung herauf.

Weniger als ein Jahr nach ihrer Schaffung befanden sich die Vereinten Nationen in den Augen Winston Churchills an einem Scheideweg. Würden die UN die Maßnahmen ergreifen, die für die Schaffung einer wirklich friedvollen, entwaffneten Welt notwendig waren, wie die Charta es darlegte, oder würden sie zu einer Bühne für die Rebellion gegen ein friedliches und prinzipientreues Regieren der Welt werden? Er sagte: „Wir müssen sicherstellen, daß die Arbeit [der Vereinten Nationen] fruchtbar ist, daß sie eine Realität ist und nicht nur Augenwischerei, daß sie eine Kraft zum Handeln und nicht lediglich verbale Schaumschlägerei darstellen, daß sie ein wahrer Tempel des Friedens ist.“

Podium für Propaganda

Die Mängel der Vereinten Nationen bestätigten Churchills Befürchtungen. Es gibt nur wenige Zeitspannen, in denen die UN zur Schaffung oder dem Erhalt von Frieden gedient hat. Viel häufiger konnte sie Kriege oder Völkermord nicht verhindern – manchmal verschärfte sie die Probleme sogar. Korea, der Sechstagekrieg, Vietnam, Kambodscha, Biafra, der Sudan, Ruanda, der sowjetische Einmarsch in Afghanistan, der Iran-Irak-Krieg, Bosnien, der Bürgerkrieg in Angola, der andauernde Krieg in der Republik Kongo und viele andere Entwicklungen rissen Löcher in der Vision Roosevelts auf und verdeutlichten die Unfähigkeit der Menschen, auf friedvolle Weise zusammenzuarbeiten.

Die UN wurde oft zum Podium für Propaganda in einem Akt der Rebellion gegen die friedvollen Absichten und Handlungen aller Nationen, wie sie in der Charta vorgeschrieben sind. Der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow schlug – vor den Augen der Welt, die das Ereignis am Fernsehen verfolgte – mit seinem Schuh auf das Pult und verkündete dem Westen: „Wir werden euch begraben!“

In den 1970er Jahren verherrlichten einige Mitglieder der UN-Generalversammlung Gewalt als legitimes Mittel des politischen Prozesses. Von den USA als führender Terrorist des Nahen Ostens verurteilt, hieß die Generalversammlung den Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafat als „Staatsoberhaupt“ herzlich willkommen. Die UN verletzten die Prinzipien der Charta, als sie das von der PLO veranstaltete wahllose Töten von Zivilisten als Teil eines gewaltsamen Widerstands gegen die Existenz Israels akzeptierten – wobei Israel als Nation selbst durch eine Maßnahme der UN 1948 entstanden war.

Auch der ugandische Diktator Idi Amin Dada sprach im gleichen Jahr – 1974 – als Präsident der 47 Nationen umfassenden Organisation Afrikanischer Einheit vor der Generalversammlung. Unter tosendem Beifall bezeichnete er die USA als einen imperialistischen Staat, der von einer zionistischen Oligarchie beherrscht würde.

Nach den Regeln der UN-Vollversammlung kann jeder Führer eines Mitgliedsstaates vor der Vollversammlung sprechen, ganz gleich wie unqualifiziert oder verabscheuungswürdig er persönlich sein mag. Amin machte sich bald darauf als „Schlächter von Afrika“ einen Namen und wurde 1978 aus Uganda vertrieben, nachdem er mehr als 300 000 unschuldige Menschen – darunter viele Frauen und Kinder – abgeschlachtet, die Staatskasse geplündert und die hochentwickelte Wirtschaft Ostafrikas zerstört hatte.

Edle Prinzipien – wenn sie funktionieren

Franklin Roosevelt glaubte, daß am Ende alle Nationen in der UN aus aufgeklärtem Eigeninteresse zusammenarbeiten würden. Im allgemeinen aber haben ihre Mitglieder seit 1945 die UN für ihre eigenen selbstsüchtigen Interessen mißbraucht. Mit dem Irakkrieg vor zwei Jahren zeigten die USA, daß sie dabei keine Ausnahme sind, auch wenn sie in der Vergangenheit versucht haben, gemäß dem Geist der UN-Charta zu handeln.

Den Amerikanern fehlt – wie auch allen anderen Völkern – ein Geist der uneigennützigen Liebe und der echten Fürsorge für das Wohlergehen anderer.

An der Wand des ersten Stockwerks auf dem Weg zur Generalversammlung hängt ein Kunstwerk, das von den USA gespendet wurde. Es ist ein Mosaik, das Jesu Aufforderung „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“ darstellt. Was erforderlich wäre, um gemäß dem Geist und Buchstaben dieses Kunstwerks zu leben, ist ein neuer Geist in allen Nationen.

Die Vereinten Nationen tun ohne Zweifel viel Gutes. Das Welternährungsprogramm der UN liefert Lebensmittel an viele Millionen Menschen, denen es an Nahrung mangelt. Das UN-Flüchtlingskommissariat fungiert als eine Rettungsleine für Millionen von Menschen, die durch Krieg und Naturkatastrophen vertrieben wurden. Die Weltgesundheitsorganisation verhindert den Ausbruch von weltweiten Epidemien wie SARS, die für Millionen Menschen den Tod bedeuten könnten, wenn sie nicht entsprechend eingedämmt werden.

Aber trotz des Guten, das die UN mit ihren humanitären Maßnahmen bewirken, wird doch die Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung – eine Tendenz, die uns Menschen innewohnt – uns erneut dem Schmelztiegel eines Weltkriegs aussetzen, aus dem vor 60 Jahren die Vereinten Nationen hervorgegangen sind.

Im Grunde trennt nichts die Menschheit wirklich von einem dritten Weltkrieg und all seinen Folgen. Wenn es der UN nicht gelingt, den nächsten globalen Krieg zu verhindern, bedeutet das dann, daß die menschliche Zivilisation, wie wir sie kennen, aufhören wird zu existieren?

Ja – der nächste Krieg wird genau diese Auswirkung haben. Aber die Menschheit wird nicht enden. Und auch nicht die geordnete Gesellschaft. Die Menschheit wird in eine neue Epoche eintreten, in der eine spektakuläre neue Zivilisation in Erscheinung treten wird. Die kommende „Welt von morgen“ wird auch die hochgesteckten Ziele der Vereinten Nationen erfüllen. Der grundlegende Unterschied wird darin bestehen, daß diese neue Welt von Gott und nicht von den Menschen gelenkt und kontrolliert werden wird.

Die vereinten Nationen der Zukunft

Die Nationen dieser Welt waren niemals wirklich vereint. Aber die Zeit wird kommen, wenn sie vereint sein werden. Die Vereinten Nationen der Zukunft werden die Frucht vom Reich Gottes auf Erden sein, nicht die Folge von geopolitischen Maßnahmen der Nationen.

Wir sagen voraus: Die gegenwärtigen Vereinten Nationen werden irgendwann in der Zukunft versagen. Aber ihre hochgesteckten Ziele werden überleben. Die Menschen sehnen sich nach Frieden, nur wissen sie den Weg nicht, der ihnen wahrhaftigen Frieden bescheren kann. Die Hoffnung auf eine friedvolle Welt ist Teil der Botschaft, die Jesus predigte: das Evangelium vom Reich Gottes (Markus 1,14-15).

Diese Weltregierung wird plötzlich in Erscheinung treten, in einem Augenblick der höchsten Krise, inmitten eines völligen Zusammenbruchs der Fähigkeit des Menschen, seine gewalttätige Natur unter Kontrolle zu halten. Dann wird eine neue, göttliche Regierung auf übernatürliche Weise alle Nationen auf der Grundlage einer neuen Lebens- und Führungsweise vereinen. Gott ist Liebe (1. Johannes 4,8. 16). Nur er ist qualifiziert, alle Nationen zu regieren.

In Wirklichkeit ist Jesus Christus – direkt oder indirekt – der Urheber von jedem hochfliegenden Prinzip der Vereinten Nationen. Völlige Abrüstung, friedliche Verhandlungen, die Sorge der Reichen um die Armen, die Entwicklung der Talente eines jeden Menschen, das Heilen der Kranken, die Nothilfe und die Wiederherstellung von Gerechtigkeit für die Opfer von Gewaltverbrechen – all diese Grundsätze finden wir in Jesu Lehren, die in der Bibel verzeichnet sind.

Vergebung und Versöhnung, die Notwendigkeit von Integrität und Transparenz jeglicher Führung und gerechte Strafe für alle, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, sind alles Verheißungen und Prophezeiungen, die von Jesus Christus ausgesprochen wurden.

Woodrow Wilson, der US-Präsident während des Ersten Weltkriegs, übernahm diese Ideale von seinem Vater, einem presbyterianischen Pastor. Sie wurden Teil von Wilsons Ideologie, auf die er seine Vision des Völkerbundes am Ende des Ersten Weltkriegs begründete, welche wiederum weitgehend Roosevelts Traum von den Vereinten Nationen beeinflußte. Roosevelt selbst war mit diesen biblischen Konzepten als ein strenggläubiges Mitglied der episkopalen Kirche vertraut.

Diese Architekten der UN waren wohlvertraut mit den Lehren Jesu zu diesen Fragen. Beide waren regelmäßige Kirchgänger. Ihre Generation war breitgefächert und umfassend mit dem Inhalt der Bibel vertraut gemacht worden.

Kein anderer Führer in der Weltgeschichte, religiös oder weltlich, hat jemals mit seinen Prinzipien und Handlungen die Grundlage für eine perfekte Ethik etabliert, so wie Jesus Christus es tat. Niemand kann heute, wenn er das Neue Testament liest, ernsthaft die Qualifikationen Jesu Christi bestreiten, die Welt von morgen zu regieren.

Aber nur wenige in unserer heutigen Welt glauben wirklich, daß Jesus Christus wiederkommen und die Prinzipien der Nächstenliebe zu einer globalen Realität machen wird. Die gute Nachricht ist, daß er es tun wird. Jesus selbst sagte dazu: „Wenn aber der Menschensohn [Jesus] kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet“ (Matthäus 25,31-32).

Jesus kommt, um über alle Nationen und jeden politischen Führer der Vereinten Nationen zu regieren. Er wird den „Goldstandard“ einsetzen – das Gesetz Gottes, wie es ursprünglich von Gott im Garten Eden dargelegt wurde, unter Moses für die Nation Israel schriftlich festgehalten wurde und der gesamten Menschheit in der Heiligen Schrift offenbart wird.

Die Zukunft des Menschen ist immer noch auf wunderbare Weise positiv, weil eines Tages alle Nationen durch eine Verwandlung des Herzens die Natur Jesu annehmen werden, zu der Zeit, wenn Gott den Neuen Bund mit den Menschen schließt: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein“ (Jeremia 31,33). Diese Verwandlung in der Natur des Menschen wird das bewirken, was für die „kollektive Sicherheit“ in einer wahrhaft friedvollen Welt von vereinten Nationen vonnöten ist.

Das ist Gottes Verheißung und sein Werk. Es wird mit Sicherheit zur Vollendung kommen. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserer kostenlosen Broschüre Das Reich Gottes – eine gute Nachricht, die wir Ihnen auf Anfrage gerne zusenden.

– Gute Nachrichten November-Dezember 2005 PDF-Datei dieser Ausgabe

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